Verfahrenslotse - Unterstützung und Beratung
Die Aufgabe und Tätigkeit des Verfahrenslotsen ist ein neuer, komplexer Beratungs- und Begleitungsfunktionsdienst für das Jugendamt, welcher seit dem 1. Januar 2024 umzusetzen ist. Der Schwerpunkt des Wirkens des Verfahrenslotsen liegt im Prozessmanagement und in der Einzelfallberatung für Eltern, Kinder und Jugendliche sowie junge Volljährige bis zum 27. Lebensjahr mit einer seelischen, körperlichen oder/und geistigen Behinderung oder mit drohender Behinderung. Gleichzeitig soll der Verfahrenslotse die im Prozess und der Beratung gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse in den Gesamtprozess der inklusiven Jugendhilfe im Rahmen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) einbringen.
Was ist ein Verfahrenslotse nach SGB VIII?
Ein Verfahrenslotse ist eine spezielle, unabhängige Ansprechperson im Kreisjugendamt, die Heranwachsenden mit (drohender) Behinderung und ihren Familien dabei hilft, ihre Ansprüche auf Leistungen der Eingliederungshilfe und weitere Rechte geltend zu machen (Schnittstelle zwischen SGB VIII und SGB IX).
Warum gibt es Verfahrenslotsen?
Hintergrund zur Einführung von Verfahrenslotsen ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG). Es regelt die Zusammenführung der Zuständigkeiten zur Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit und ohne Behinderungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Dazu gehört u. a. die verpflichtende Ausbildung von VL in deutschen Jugendämtern.
Der VL soll Familien mit behinderten Kindern bei den derzeitigen Hürden unterstützen und gleichzeitig dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der sog. „großen bzw. inklusiven Lösung“ Hilfestellung geben, indem die notwendigen personellen Ressourcen geschaffen werden.
Was sind die Aufgaben des Verfahrenslotsen?
Gemäߧ 10b SGB VIII ist die zentrale Aufgabe von Verfahrenslotsen, junge Menschen und ihre Familie bei der Antragstellung, Verfolgung und Wahrnehmung von Eingliederungshilfeleistungen nach SGB VIII und SGB XI zu begleiten.
Aufgabenschwerpunkte sind hierbei die
- ganzheitliche Beratung und Unterstützung von Leistungsberechtigten, Müttern und Vätern zu Leistungen der Eingliederungshilfe in allen Angelegenheiten vor und während der Antragstellung sowie bis zur Leistungserbringung.
- Hilfestellung während laufender Hilfen und bei Verzögerungen hinsichtlich der Inanspruchnahme von Eingliederungshilfeleistungen aufgrund unterschiedlicher Sozialleistungssysteme.
- konzeptionelle Arbeit zur Einführung und Fortentwicklung der „Lotsenfunktion“ (u.a. Zugangssteuerung, Arbeitsprozesse, Schnittstellen, Netzwerkaufbau und -pflege) strukturelle Erfassung und Analyse der regionalen Akteure (Reha-Träger, Behörden, Einrichtungen, Ansprechpartner) und Schnittstellen; im Anschluss Aufbau und Pflege eines Berichtswesens und Kennzahlensystems.
- Informationsarbeit zu weiterführenden fachlichen und sozialen Hilfemöglichkeiten entsprechend dem Bedarfe (u. a. Hilfen zur Pflege, Kontaktvermittlung zu Behörden, Vermittlung von Ansprechpartnern in den verschiedenen Hilfenetzwerken).
- Teilnahme an aufgabenbezogenen Fachausschusssitzungen und Fallbesprechungen sowie an Gesamtplan- und Teilhabeplanverfahren auf Wunsch des Leistungsberechtigten.
- Förderung des Erreichens gelingender Übergänge zwischen den verschiedenen Bildungsangeboten.
- Anfertigung von Zuarbeiten und Stellungnahmen im Rahmen der Berichterstattung.
- Wahrnehmung von Sonderaufgaben nach Weisung.
Somit ersetzt sie nicht die Beratung aus § 10a SGB VIII, die allen Familien zugänglich ist, sondern dient als Ergänzung dazu. Allerdings gilt die Beratung des VL nicht als dezidierte Rechtsberatung. Ebenso tragen weiterhin die Familien die Verantwortung für das Vorgehen bei der Inanspruchnahme von Eingliederungshilfeleistungen.
Wer darf Verfahrenslotsen in Anspruch nehmen?
Einen Anspruch auf Unterstützung durch Verfahrenslotsen haben laut § 10b Abs. 1 S. 1 SGB VIII junge Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe wegen einer (drohenden) Behinderung geltend machen oder für die derartige Leistungsansprüche in Betracht kommen, sowie ihre Mütter, Väter, Personensorge- und Erziehungsberechtigten.
Das Hinzuziehen des VL ist freiwillig und kann von den leistungsberechtigten Familien zu jedem Zeitpunkt eines Verfahrens genutzt werden. Es erfolgt entweder punktuell oder während des gesamten Verfahrens. Wichtig ist, dass die Angebote möglichst niedrigschwellig zugänglich sind.
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